Das elektronische Rezept (e-Rezept) ist eine der wesentlichen nutzbringenden Anwendungen der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. Seit Jahrzehnten warten wir auf das e-Rezept. In mehreren Modellregionen wurde kürzlich nach Protesten der Landesdatenschutzbeauftragten das e-Rezept sogar in der Testphase noch gestoppt. Der Bundesgesundheitsminister erklärte diese Woche, dass das e-Rezept nun zum 1. Juli 2023 „alltagstauglich“ genutzt und flächendeckend eingesetzt wird. Haben sich die Probleme in Luft aufgelöst? Der Minister irrlichtert auch bei diesem Thema durch die digitale Gesundheitspolitik.
Auf meine Nachfrage im Bundesgesundheitsministerium (BMG) äußerte sich der dafür zuständige Parlamentarische Staatssekretär Prof. Dr. Edgar Franke ungewohnt optimistisch: Angeblich gäbe es keinerlei Probleme. Von Bedenken beim Datenschutz ist nun plötzlich nichts mehr zu hören: „Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat der von der Gesellschaft für Telematik vorgesehenen technischen Lösung für das Verfahren zugestimmt. Den Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit der Länder (LfDI) obliegt die grundsätzliche Aufsicht und Überwachung der datenschutzkonformen Umsetzung und der weiteren Nutzung des Verfahrens in den Apotheken. Dem Bundesministerium für Gesundheit sind im Vorfeld der Umsetzung hierzu keine kritischen Anmerkungen der LfDI bekannt geworden.“
Diese Aussagen aus dem BMG sind irritierend und decken sich nicht mit den Aussagen der Experten. Denn neben den Datenschützern meldet auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Bedenken an und spricht von einer unglücklichen Nacht- und Nebelaktion. Neben vielen anderen Details ist beispielsweise unklar, wie das e-Rezept in Verbindung mit der elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden kann.
Das BMG erklärt weiter: „Die technischen Voraussetzungen für eine flächendeckende Nutzung des E-Rezepts liegen bereits sowohl bei den verschiedenen Leistungserbringern als auch bei der Gesellschaft für Telematik vor.“
Es wird dabei völlig außer Acht gelassen, dass nicht nur die Apotheken, sondern auch die Arztpraxen startklar sein müssen. Das ist derzeit – entgegen der Aussage aus dem BMG – flächendeckend nicht der Fall. Zwei Wochen Vorlauf sind nicht ambitioniert – sie sind realitätsfern.
Der nächste Gau im BMG bahnt sich also an, denn Herr Lauterbach verkalkuliert sich auch hier dramatisch. Er macht Politik für das Papier aber nicht für die Praxis!