Franziska Hoppermann

Lauterbachs Digitalstrategie: Alles nichts Konkretes

Vor wenigen Tagen stellte Gesundheitsminister Lauterbach seine Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitssystem vor. Dabei betonte er, dass die Digitalisierung für die Gesundheits- und Pflegeversorgung ein enormes Potenzial biete und das Fundament einer erfolgreichen Transformation der gesamten Gesundheitsbranche sei.

Die Strategie beinhaltet neben einer immer wiederkehrenden Beschreibung der grundsätzlichen Vorteile von Digitalisierung und Vernetzung im Gesundheitssystem u.a. den Vorschlag einer Opt-Out-Lösung für die elektronische Patientenakte, die vollständige Einführung alltagstauglicher E-Rezepte sowie einen verstärkten Fokus auf das Erheben von Gesundheitsdaten. Konkret sollen bis 2025 80 % der gesetzlich Versicherten eine E-Patientenakte haben und über eine digitale Medikationsübersicht verfügen. Weiterhin sollen bis Ende 2026 mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten durch das „Forschungszentrum Gesundheit“ realisiert werden – alles Projekte, die seit mehr als 20 Jahren beschlossen und verfolgt werden.

Um diese Ziele zu erreichen, plant das Bundesgesundheitsministerium zwei Gesetzesentwürfe vorzulegen, ein Digitalgesetz und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Das Digitalgesetz wird eine Widerspruchslösung für die elektronische Patientenakte einführen (Opt-out-Prinzip), bei der grundsätzlich für jeden gesetzlich Versicherten eine E-Patientenakte angelegt wird – es sei denn, der Patient oder die Patientin widerspricht. Außerdem soll das E-Rezept ab dem 1. Januar 2024 verbindlich für die Arzneimittelversorgung eingeführt werden. Bisher scheitert es an verschiedenen Landesdatenschutzbeauftragten, wo es pilotiert wurde. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle einrichtet werden, um Forschung auf der Grundlage von Gesundheitsdaten zu erleichtern. Die Weitergabe von Gesundheitsdaten soll nur pseudonymisiert erfolgen. Auch hier gibt es bisher massive datenschutzrechtliche Bedenken.

Bundesminister Karl Lauterbach war diese Woche im Digitalausschuss zu Gast. Bei der Befragung zur Digitalstrategie wurde deutlich: Das Dokument ist voller blumiger Worte, aber viel Neues steckt nicht dahinter. Es zeigt auch, dass wir in Deutschland mit Sicherheit kein „Erkenntnisproblem“ haben. Wir scheitern meiner Meinung nach an einer ganz anderen Stelle: der Akzeptanz. Der Minister und seine Strategie müssen es vor allem schaffen, das Mindset der Akteure im Gesundheitssystem und der Bürgerinnen und Bürger zu ändern und diese empfänglich für den digitalen Wandel in der Gesundheitsbranche zu machen. Dazu gehört unbedingt eine transparente Diskussion über die sichere Nutzung der personenbezogenen Gesundheitsdaten. Hier klafft jedoch eine offene Wunde in der Digitalstrategie. Zu meiner Frage nach einem stringenten Datenschutzkonzept antwortete Bundesminister Lauterbach ernüchternd, dass das schon irgendwie klappen würde. Auf meine Frage, wie genau er denn nun wirklich (nach den mehr als 20 Jahre alten Konzepten) hier zu mehr Tempo in der Digitalisierung kommen will, hatte er gar keine Antwort, „wir machen das jetzt“, hieß es. In der Einleitung der sehr unausgegorenen Digitalstrategie schließt Karl Lauterbach mit den Worten: „In diesem Sinne: Packen wir es an!“ – Herr Minister, wir nehmen Sie beim Wort.

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