Zwischen zwei Sitzungswochen des Deutschen Bundestages war ich am 4. und 5. Mai gemeinsam mit meiner Kollegin Catarina dos Santos-Wintz MdB im Rahmen einer Dienstreise in Brüssel, um mich vor Ort über die aktuellen politischen Entwicklungen auf europäischer Ebene informieren und austauschen zu können. Die zentralen Themen der Gespräche betrafen die digitale Transformation und Digitalgesetzgebungen auf europäischer Ebene.
Unser erstes Gespräch führten wir mit der Kollegin von der Europäischen Volkspartei (EVP), Sabine Verheyen MdEP. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses Kultur und Bildung (CULT) ist. Ein wichtiges Thema im Ausschuss ist das Europäische Medienfreiheitsgesetz (EMFA), das derzeit in Brüssel verhandelt wird. Dabei wurde deutlich, welche Herausforderungen aufgrund der unterschiedlichen Länder-Spezifika in Europa bestehen – und was es bedeutet, dass es im Europäischen Parlament keine „Regierungsmehrheit“ der Kommission gibt, sondern immer wieder neue Mehrheiten gesucht werden müssen.
Ein Treffen mit dem Direktor in der Generaldirektion DIGIT, Carl-Christian Buhr, gab einen Einblick in die Digitalisierung der Kommission und der Europäischen Institutionen selbst. Hier konnten wir uns über die verschiedenen Digitalprojekte der Kommission austauschen. Ein weiterer wichtiger Punkt war das Thema der Cybersicherheit.
Im Anschluss ging es zu der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union, also der Deutschen Botschaft. Hier sprachen wir mit einigen Referenten über den Verhandlungsstand im Trilog und den weiteren Zeitplan verschiedener Digital-Gesetzgebungsverfahren wie dem Data Act und dem Gesetz über den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) und die Debatte um Chatkontrolle. Mit Dr. Walter Götz, dem Kabinettschef der Verkehrskommissarin Adina Vălean, haben wir uns über den Stand der sogenannten EU-Wallets und insbesondere über den Digitalen Führerschein ausgetauscht. Wichtige Fragen sind hierbei, wie man mögliche Altersdiskriminierungen im Zusammenhang mit einer begrenzten Gültigkeit und einer anschließenden Gesundheits- und Tauglichkeitsprüfung des Führerscheins vermeiden kann.
Der letzte Termin des ersten Tages führte mich in die „Heimat“ – zum Leiter des Hanse-Office Hamburg, Dr. Claus Müller. Das Hanse-Office ist die gemeinsame Landesvertretung Schleswig-Holsteins und Hamburgs in Brüssel. Dabei wurden uns die Aufgaben von Landesvertretungen in Brüssel, die Vernetzung der Bundesländer und ihrer Vertretungen untereinander und die Arbeitsweise der gemeinsamen Landesvertretung Schleswig-Holstein und Hamburg erläutert.
Am Freitag trafen wir uns mit der Direktorin für den Bereich Outreach bei der EVP-Fraktion im Europäischen Parlaments, Andrea Laskava. Es ist eine Art Verbindungsbüro, das die verschiedenen Parteien, die sich in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammenfinden, und die Abgeordneten der Länderparlamente und im Europäischen Parlament verknüpft. Uns wurden unterschiedliche Projekte des Outreachbüros präsentiert. Dazu gehören unter anderem die europaweite Vernetzung von insbesondere jüngeren Parlamentariern, dem Fellowship-Programm der EVP und die unterschiedlichen Programme für den interreligiösen Dialog.
Bei den vielen Gesprächen wurden wieder deutlich: Die Performance der Bundesregierung auf Europäischer Ebene ist ernüchternd. Die innere Zerrissenheit ist in Brüssel allgegenwärtig. Nichts weniger als die Glaubwürdigkeit Deutschlands steht hier auf dem Spiel. Europa ist Stabilitäts-, Wohlstands- und Friedensgarant. Deutschland ist ein wichtiger Player in Brüssel und muss diesem Anspruch endlich wieder gerecht werden. Von uns wird als mit Abstand größtem Land und in der Mitte des Kontinents liegend Führung erwartet. Stattdessen sind wir zögerlich und unentschieden.
Ich bin gespannt, wie sich die Gesetzgebungen in den besprochenen Bereichen weiterentwickeln werden. Beim Data Act werde ich das Verfahren als Berichterstatterin im Digitalausschuss weiterhin kritisch und konstruktiv begleiten.